Die Prävalenz der allergischen Kontaktdermatitis bei Kindern wird unterschätzt. In den ersten Lebensjahren wird die Kontaktdermatitis oft mit anderen Dermatitisformen, wie dem atopischen Ekzem, verwechselt. Eine Spättypsensibilisierung kann mittels Epikutantest bei 13,3 - 24,5% aller Kinder nachgewiesen werden und ist in 56,5 bis 94,4% klinisch relevant. Es gibt Hinweise darauf, daß es schon in den ersten Lebensmonaten zu einer Kontaktsensibilisierung kommen kann. Fundierten Untersuchungen zu Folge ist die Kontaktallergie bei Kindern un-ter 3 Jahren häufiger als bei älteren Kindern und Erwachsenen. Die Meta-Analyse von 23 epidemiologischen Studien mit insgesamt 2794 zufällig ausgewählten Kindern und 5705 Kindern mit Verdacht einer Kontaktdermatitis hat gezeigt, daß Kinder meistens sensibilisiert sind gegen Nickel (8,3% aller Kinder und 19,2% Kinder mit Dermatitis), Thiomersal (2,1% und 14,0%), Kobalt (1,9% und 13,5%), Duftstoffe (1,7% und 11,8%), Chrom (1,5% und 12,4%), Kathon CG (1,4% und 21,0%), Lanolin (0,7% und 12,1%) und Perubalsam (0,5% und 10,8%). Diese Angaben legen nahe, daß die Ekzemdiagnostik bei Kindern Epikutantestungen einschließen sollte. Schlüsselwörter: Kinder, allergische Kontaktdermatitis, Kontaktallergie, Prävalenz, Kontaktallergene, Epikutantest, Meta-Analyse. |
→ Für Patienten: Termin für Patch Test (Epikutantests) abmachen
→ Für Ärzte: Photopatch Test Course auf DVD, unterstützt von der ESCD
Die Ergebnisse der ersten Studie über das Vorkommen von Kontaktsensibilisierung wurden im Jahre 1961 von Brigitte Langer veröffentlicht [21]: unter 25 ekzemkranken Säuglingen und Kleinkindern hatte sie 15 Probanden mit positiven Patch-Test-Ergebnissen gefunden. Kurz danach, in einer Untersuchung von 583 hautgesunden Kindern, fanden Kreissl und Wiedermann, daß die Häufigkeit der positiven Patch-Test-Reaktionen bei den jüngsten Kindern am niedrigsten ist [19]. Zu dieser Zeit erschien ein Artikel von Marcussen, der die positiven Epikutanteste bei Kleinkindern eindeutig als unspezifische, irritative Reaktionen interpretierte [26]. Seither wurde die Überzeugung vom seltenen Vorkommen der Kontaktallergie im Kindesalter von vielen Autoren wiederholt [15, 16, 38, 44]. In Folge, noch im Jahre 1981, wurde die Vermutung, daß sich die Kontaktallergie schon im frühen Kindesalter entwickeln kann, als eine "Täuschung" (misleading) bezeichnet [16]. Ergebnisse von neueren Studien weisen jedoch darauf hin, daß die Prävalenz von Kontaktallergie und Kontaktdermatitis im Kindesalter unterschätzt wird und daß die Sensibilisierung gegen verbreitete Allergene schon in den ersten Lebensmonaten erfolgen kann [3, 22, 28, 36]. Viele Mißverständnisse zu diesem Thema sind auf die Unterschiede in Definitionen, Probandenselektion und angewandten Methoden zurückzuführen.
Ziel dieses Artikels war, das Wissen zu diesem wichtigen Thema zu systematisieren und zu erweitern.
Die Literatur für diese Übersicht wurde mittels bibliographischer Datenbanken (alle Jahrgänge von Medline und Current Contents Clinical Medicine bis zum Juni 2001) ausgesucht, wobei verschiedene Kombinationen von Schlüsselwörtern verbunden mit Kindesalter, Epikutantestung, Kontaktsensibilisierung und Kontaktallergie angewandt wurden. Die weitere Suche schloß auch die in den ausgesuchten Artikeln zitierte Literatur ein. Insgesamt wurden 127 Artikel ausgesucht, 54 davon wurden für diese Übersicht ausgewählt, die für die geschichtliche Entwicklung der Problematik besonders relevant waren, oder den Wandel der Meinungen besonders deutlich wiederspiegelten. Zusätzlich wurde eine Meta-Analyse der epidemiologischen Daten über die Verbreitung der Kontaktsensibilisierung in der Gesamtpopulation der Kinder durchgeführt. Hier wurden nur Artikel eingeschlossen, welche die folgenden Kriterien erfüllten:
Sieben Studien haben die obigen Kriterien erfüllt [3, 5, 6, 11, 29, 47, 55]. Aus diesen Artikeln wurden Daten über Sensibilisierungen auf einzelne Allergene summiert, und die gesamte Häufigkeit mit 95% Vertrauensbereich (95% VB) errechnet. Die Meta-Analyse wurde auf Allergene begrenzt, die mindestens in 3 Studien, in 2 oder mehr verschiedenen Ländern getestet worden waren und die Gesamtzahl der getesteten Kinder mehr als 1500 betrug. Eine weitere Meta-Analyse umfaßte Studien über die Sensibilisierungshäufigkeit bei Kindern mit Dermatitis. Hier war das Einschlußkriterium, daß die Population als ein Kollektiv ekzemkranker Kinder mit Verdacht der Kontaktdermatitis definiert war; die weiteren 3 Kriterien waren identisch mit denen für die gesunden Kinder. Sechzehn Studien haben diese Kriterien erfüllt [2, 4, 8, 14, 18, 20, 35, 36, 39, 40, 42, 45, 48, 49, 52, 53]. Auf eine Meta-Analyse über Kontaktsensibilisierung bei Kindern mit atopischer Dermatitis wurde verzichtet, da nur 3 Studien gefunden werden konnten, die seit 1980 veröffentlicht wurden und die insgesamt nur 381 Kinder umfaßten [13, 30, 32].
Die verbreitete Überzeugung über die angeblich niedrige Prävalenz der Kontaktallergie im Kindesalter beruht, neben den früher zitierten historischen Ergebnissen, auch auf Daten einer neueren Studie, die 251 französische Dermatitispatienten umfaßte. In dieser Studie wurden positive Patch-Testergebnisse bei 31% der Kinder und 66% der Erwachsenen gefunden [15]. Eine Vielzahl anderer Untersuchungen kommt jedoch zu gegenteiligen Ergebnissen. So wurde in einer weiteren Studie aus Frankreich die höchste Kontaktallergie-Prävalenz (88%) in der Altersgruppe vom 1. bis 3. Lebensjahr gefunden, im Vergleich zu 58,9% bei Kindern über 3 Jahren [42]. Pevny und Mitarbeiter fanden bei deutschen Kindern die höchste Prävalenz und Relevanz von Kontaktsensibilisierungen in den Altersgruppen von 3 bis 8 Jahren [34]. Besonders überzeugend sind hier die Ergebnisse der von Wantke und Mitarbeitern durchgeführten Studie mit 1729 österreichischen Patienten [53]. Die wichtigsten Daten, die die Häufigkeit allergischer Kontaktdermatitis bei Kindern unterstreichen, wurden in Tabelle 1 zitiert.
Altersgruppe | Frauen | Männer |
---|---|---|
0 - 7 Jahre | Thiomersal (37,5%) | Ethyl-Quecksilberchlorid (28,1%) |
Nickel (27,5%) | Thiomersal (25,0%) | |
8 - 14 Jahre | Nickel (28,7%) | Thiomersal (30,9%) |
Thiomersal (26,6%) | Ethyl-Quecksilberchlorid (14,7%) | |
20 - 50 Jahre | Thiomersal (25,3%) | Thiomersal (21,1%) |
Nickel (25,2%) | Ethyl-Quecksilberchlorid (13,7%) | |
> 70 Jahre | Nickel (12,6%) | Nickel (11,2%) |
Perubalsam (9,7%) | Perubalsam (6,7%) |
In der Gesamtpopulation der Kinder wird die Prävalenz von Kontaktsensibilisierung auf 13,3 - 24,5% geschätzt [3, 5]. Tabelle 2 präsentiert Ergebnisse der Meta-Analyse von publizierten Daten über die Häufigkeit der Sensibilisierung auf bestimmte Haptene in den Populationen aller Kinder. Nickel ist das wichtigste Allergen in dieser Gruppe mit einer Sensibilisierungsquote von 8,3%, gefolgt von Thiomersal, Neomycin, Kobalt und Duftstoffen. Alle analysierten Originalstudien wurden in europäischen Ländern oder in den USA durchgeführt, die Ergebnisse können also als repräsentativ vor allem für weiße Kinder angenommen werden. Wenngleich eine Meta-Analyse Schlußfolgerungen über größere Populationen ermöglicht, muß man immer in Betracht ziehen, daß das Endresultat von den methodischen Unterschieden der Originalarbeiten beeinflußt ist. Eine weitere Schwäche besteht darin, daß in der gepoolten Gruppe einige Länder übermäßig und viele andere gar nicht repräsentiert werden. Solange jedoch keine repräsentative Multizenter-Studie in ganz Europa durchgeführt worden ist, sind wir auf Ergebnisse einzelner Studien oder deren Meta-Analysen angewiesen.
Allergen | Gesamtzahl der Kinder | Häufigkeit (95% VB) | Quell-Artikel | |
---|---|---|---|---|
getestet | positiv | |||
Nickel | 2794 | 232 | 8,3 (7,3 - 9,3)% | [3, 5, 6, 11, 29, 47, 55] |
Thiomersal | 2107 | 44 | 2,1 (1,5 - 2,7)% | [3, 5, 29, 55] |
Neomycin | 2694 | 54 | 2,0 (1,5 - 2,5)% | [3, 5, 11, 29, 47, 55] |
Kobalt | 2317 | 44 | 1,9 (1,3 - 2,4)% | [3, 5, 6, 11, 29] |
Fragrance Mix | 1793 | 31 | 1,7 (1,1 - 2,3)% | [3, 5, 29] |
Chrom | 2794 | 43 | 1,5 (1,1 - 2,0)% | [3, 5, 6, 11, 29, 47, 55] |
Kathon CG | 1655 | 24 | 1,4 (0,9 - 2,0)% | [5, 11, 29] |
PTBPF | 2531 | 28 | 1,1 (0,7 - 1,5)% | [3, 5, 11, 29, 55] |
Kolophonium | 1969 | 19 | 1,0 (0,5 - 1,4)% | [5, 11, 29, 55] |
Lanolin | 2531 | 18 | 0,7 (0,4 - 1,0)% | [3, 5, 11, 29, 55] |
Carba Mix | 2107 | 13 | 0,6 (0,3 - 0,9)% | [3, 5, 29, 55] |
Perubalsam | 2531 | 14 | 0,5 (0,3 - 0,8)% | [3, 5, 11, 29, 55] |
Quaternium | 1969 | 8 | 0,4 (0,1 - 0,7)% | [5, 11, 29, 55] |
Black rubber Mix | 2531 | 7 | 0,3 (0,1 - 0,5)% | [3, 5, 11, 29, 55] |
Formaldehyd | 1545 | 5 | 0,3 (0,0 - 0,6)% | [5, 29, 55] |
PPD | 1545 | 4 | 0,3 (0,0 - 0,5)% | [5, 29, 55] |
Chinolone Mix | 2217 | 6 | 0,3 (0,0 - 0,5)% | [3, 5, 11, 29] |
Epoxidharz | 1969 | 4 | 0,2 (0,0 - 0,4)% | [5, 11, 29, 55] |
MBT | 1545 | 3 | 0,2 (0,0 - 0,4)% | [5, 29, 55] |
Mercapto Mix | 2531 | 3 | 0,1 (0,0 - 0,2)% | [3, 5, 11, 29, 55] |
Thiuram Mix | 1969 | 3 | 0,1 (0,0 - 0,3)% | [5, 11, 29, 55] |
Ethylendiamin | 1969 | 3 | 0,1 (0,0 - 0,3)% | [5, 11, 29, 55] |
Paraben Mix | 1655 | 1 | 0,1 (0,0 - 0,2)% | [5, 11, 29] |
95% VB = 95% Vertrauensbereich, PTBPF = para-tert-Butylphenylformaldehydharz, MBT = Merkaptobenzothiazol, PPD = para-Phenylendiamin. |
Aufgrund der Literaturangaben kann die Häufigkeit von Kontaktsensibilisierung bei Kindern mit verschiedenen Ekzemformen auf 23,8 - 71% geschätzt werden [20, 34]. Das höchste Risiko kann für Kinder unter dem 3. Lebensjahr angenommen werden. In einer französischen Studie mit 337 ekzemkranken Kindern von 1 bis 15 Jahren ergaben sich positive Patch-Tests bei 66% - am häufigsten auf Nickel und andere Metalle, Duftstoffe und Gummi-Zusatzstoffe [42]. Die meisten Sensibilisierungen (88%) wurden bei Kindern unter 3 Jahren festgestellt, im Vergleich zu 58,9% bei älteren Kindern [42]. Auch in einer italienischen Gruppe von 670 Kindern zeigte sich die maximale Häufigkeit in der Altersgruppe von 0,5 - 3 Jahren [24]. Tabelle 3 faßt Ergebnisse der Meta-Analyse von 16 Studien über Kinder mit Verdacht der Kontaktdermatitis zusammen.
Allergen | Gesamtzahl der Kinder | Häufigkeit (95% VB) | Quell-Artikel | |
---|---|---|---|---|
getestet | positiv | |||
Kathon CG | 2004 | 420 | 21,0 (19,2 - 22,7)% | [4, 8, 18, 20, 40, 42] |
Nickel | 4903 | 940 | 19,2 (18,1 - 20,3)% | [2, 4, 14, 18, 20, 35, 36, 39, 40, 42, 45, 48, 49, 52, 53] |
Quecksilber-ammonium-chlorid | 2919 | 426 | 14,6 (13,3 - 15,9)% | [2, 4, 14, 18, 39, 53] |
Thiomersal | 3886 | 544 | 14,0 (12,9 - 15,1)% | [2, 4, 14, 18, 36, 39, 40, 42, 48, 49, 53] |
Kobalt | 4392 | 593 | 13,5 (12,5 - 14,5)% | [2, 4, 14, 18, 20, 35, 36, 39, 40, 42, 45, 48, 49] |
Chrom | 4288 | 534 | 12,4 (11,5 - 13,4)% | [2, 4, 14, 18, 20, 35, 36, 39, 40, 42, 45, 49, 52] |
Lanolin | 3555 | 431 | 12,1 (11,0 - 13,2)% | [2, 4, 14, 20, 36, 39, 40, 42, 48, 49, 52] |
Fragrance Mix | 4245 | 402 | 11,8 (10,8 - 12,8)% | [2, 4, 14, 18, 20, 36, 39, 40, 42, 45, 48, 49] |
Perubalsam | 4120 | 444 | 10,8 (9,8 - 11,7)% | [2, 4, 14, 18, 20, 35, 36, 39, 40, 42, 45, 49] |
Kolophonium | 4328 | 420 | 9,7 (8,8 - 10,6)% | [2, 4, 14, 20, 35, 36, 39, 40, 42, 45, 48, 49, 52] |
Formaldehyd | 4473 | 421 | 9,4 (8,6 - 10,3)% | [2, 4, 8, 14, 18, 20, 35, 36, 39, 40, 42, 49, 52] |
Neomycin | 4478 | 75 | 1,7 (1,3 - 2,0)% | [2, 14, 18, 20, 35, 36, 39, 40, 42, 45, 48, 49, 52, 53] |
Mercapto Mix | 3203 | 48 | 1,5 (1,1 - 1,9)% | [2, 14, 18, 20, 36, 39, 40, 42, 48, 49] |
PPD | 3545 | 53 | 1,5 (1,1 - 1,9)% | [2, 14, 18, 39, 40, 42, 45, 48] |
MBT | 2138 | 33 | 1,5 (1,0 - 2,1)% | [2, 18, 36, 40, 42, 45, 49] |
PTBPF | 2401 | 36 | 1,5 (1,0 - 2,0)% | [14, 18, 20, 39, 40, 42, 48] |
Holzteere | 1990 | 29 | 1,5 (0,9 - 2,0)% | [2, 20, 35, 39, 52] |
Thiuram Mix | 2986 | 34 | 1,1 (0,8 - 1,5)% | [2, 14, 18, 20, 39,40, 42, 48] |
Black rubber Mix | 2909 | 29 | 1,0 (0,6 - 1,4)% | [2, 14, 18, 20, 39, 40, 48, 49, 52] |
Carba Mix | 1941 | 16 | 0,8 (0,4 - 1,2)% | [2, 20, 36, 39, 40] |
Ethylendiamin | 2866 | 20 | 0,7 (0,4 - 1,0)% | [2, 14, 18, 20, 36, 39, 42, 52] |
Terpentin | 1716 | 12 | 0,7 (0,3 - 1,1)% | [20, 39, 45] |
Paraben Mix | 3152 | 14 | 0,4 (0,2 - 0,7)% | [2, 8, 14, 20, 39, 42] |
Epoxidharz | 2012 | 8 | 0,4 (0,1 - 0,7)% | [2, 20, 39, 42] |
Benzocain | 1780 | 6 | 0,3 (0,1 - 0,6)% | [2, 18, 42, 45] |
Quaternium 15 | 2124 | 4 | 0,2 (0,0 - 0,4)% | [2, 8, 18, 20, 42, 49] |
95% VB = 95% Vertrauensbereich, PTBPF = para-tert-Butylphenylformaldehydharz, MBT = Merkaptobenzothiazol, PPD = para-Phenylendiamin. |
Der Zusammenhang zwischen Atopie und Kontaktdermatitis bleibt bis heute unklar. In den 70iger Jahren herrschte die Vorstellung, daß die Anwesenheit von Atopie eine Kontaktsensibilisierung hemmt, dafür sprachen Ergebnisse sowohl der Laborforschung [12, 27] als auch der damaligen klinisch-epidemiologischen Studien [1, 43]. Heutzutage ist das Bild durchaus nicht so eindeutig. Einerseits weisen Ergebnisse von Rees und Kollegen [37] darauf hin, daß bei Patienten mit inaktiver oder milder atopischer Dermatitis (AD) die Sensibilisierungsbereitschaft geschwächt ist. Andererseits konnten Uehara und Sawai [50] dieses Phänomen nur bei schwersten Formen der AD bestätigen. Inzwischen wurde sogar auf die AD als Risikofaktor für eine Kontakt-sensibilisierung hingewiesen [46]. Auch von den neueren epidemiologischen Studien bekommen wir ein anderes Bild als früher. In einer Gruppe von 670 italienischen Kindern mit Kontaktallergie wurde eine hohe Inzidenz der atopischen Diathese (77%) gefunden [24]. Pambor und Kollegen fanden positive Patch-Tests bei 24,8% ostdeutschen Kindern mit AD im Vergleich zu 18,4% von Nichtatopikern [32]. Auch in Norwegen wurden Kontaktsensibilisierungen wesentlich häufiger bei den atopischen (28,8%) als bei nichtatopischen (17,9%) Kindern festgestellt [11]. In Frankreich zeigten 43% von 137 Kindern mit AD eine Kontaktsensibilisierung - meistens auf Metalle, Duftstoffe, Perubalsam, Lanolin, Neomycin und Emolliente [13]. Es wurde auf das Risiko einer iatrogenen Sensibilisierung auf externe Therapeutika (insbesondere Antiseptika und Antibiotika) bei Kindern mit AD hingewiesen [20, 33]. Auch im weiteren Leben leiden die Atopiker häufiger als Nichtatopiker an beruflich bedingten Kontaktekzemen [17]. Lisi und Simonetti haben jedoch wiederholte Patch-Tests bei 61 Kindern durchgeführt und aus ihren Ergebnissen geschlußfolgert, daß ein atopisches Ekzem keinen Risikofaktor für eine Kontaktsensibilisierung darstellt, trotz der gestörten Barrierefunktion der Haut [23]. Angesichts der fehlenden Übereinstimmung von bisherigen Ergebnissen sind weitere Studien nötig, um den Zusammenhang zwischen Atopie und Kontaktsensibilisierung endgültig abzuklären.
Ähnlich wie Erwachsene, sensibilisieren sich Kinder am häufigsten auf ubiquitäre Allergene wie Nickel, Antiseptika, Duftstoffe, Perubalsam und Lanolin. Die Verbreitung der Sensibilisierung auf diese und weitere Allergene ist in Tabelle 2 und 3 zusammengestellt. Interessanterweise gibt es 3 Haptene, die seltener ekzemkranke als gesunde Kinder zu sensibilisieren scheinen: Neomycin (1,7% versus 2,0%), Carba Mix (0,6% versus 0,8%) und Quaternium (0,2% versus 0,4%). Abgesehen von der Tatsache, daß die Meta-Analysen möglicherweise von den Populationsunterschieden in den Originalarbeiten beeinflußt waren, könnten diese Ergebnisse auch darauf hinweisen, daß eine Sensibilisierung auf diese Haptene ohne größere klinische Relevanz ist. Dagegen gibt es große Unterschiede in Sensibilisierungsquoten für Thiomersal: 2,1% bei gesunden und 14,0% bei ekzemkranken Kindern. Thiomersal ist eine organische Quecksilberverbindung, angewandt als Konservierungsmittel in Impfstoffen. Auf die mögliche Rolle von Impfstoffen in der Entwicklung der Thiomersal-Sensibilisierung hatten viele Autoren hingewiesen [9, 31, 33, 51], zur Zeit wird jedoch weiter mit thiomersalhaltigen Stoffen geimpft. Patrizi und Mitarbeiter berichteten von 5 Kindern mit atopischer Dermatitis im Alter von 7 bis 28 Monaten, bei denen die Impfung mit thiomersalkonservierten Impfstoffen zu einer wesentlichen Verschlimmerung des Ekzems führte. Der Epikutantest mit Thiomersal fiel bei allen diesen Kindern positiv aus [33]. Kathon CG ist ein weiteres Konservierungsmittel, das große Unterschiede in den Sensibilisierungsquoten zwischen gesunden (1,4%) und ekzemkranken (21,0%) Kindern aufweist. Bei Kindern mit Fußdermatitis sind Gummi-Zusatzstoffe, Chromate und externe Therapeutika die häufigsten Kontaktallergene [7, 41, 54]. Abhängig vom klinischen Bild der Dermatitis, schreiben Kuiters und Kollegen den folgenden Kontaktallergenen eine klinische Relevanz zu: periorale Dermatitis den Gewürzen und dem Neomycin, Gesichtsdermatitis dem Nickel, Kolophonium, Hydrochinon und externen Therapeutika [20].
In einer historischen Studie schlug Marcussen vor, daß die Allergenkonzentrationen für Epikutantests bei Kindern niedriger als für Erwachsene sein sollten, z.B. für Nickelsulfat 1% statt 5% [25]. Diese Meinung wurde auch von Röckl und Mitautoren [38] unterstützt, die auf eine höhere Empfindlichkeit der kindlichen Haut auf unspezifische Reize hinwiesen. Auch Hjorth fand die übliche Konzentrationen zu hoch für Kinder und schlug vor, alle positiven Tests bei Kindern mit einer halbierten Konzentration zu wiederholen [16]. In den folgenden Jahren sprachen sich jedoch die meisten Autoren für das Testen in erwachsenengerechten Konzentrationen aus. So hatten Veien und Kollegen [52] keine Interpretationsschwierigkeiten in ihrer Studie mit 158 Kinder, die mit der Standardreihe getestet wurden. Auch Pevny und Mitarbeiter haben aufgrund eigener Erfahrungen vorgeschlagen, Kinder mit denselben Konzentrationen von Testsubstanzen wie Erwachsene zu testen [34]. Von den klinisch-epidemiologischen Arbeiten, die in den letzten 10 Jahren veröffentlicht wurden, wurde in 9 eine genaue Information über die Testsubstanzkonzentration und Vehikel angegeben [3, 4, 11, 14, 18, 32, 42, 48, 53]. Generell wurden die Tests in den für Erwachsene empfohlenen Konzentrationen [10] durchgeführt. Zu den wenigen Ausnahmen gehörte die Nickelsulfat-Konzentration von 1% (statt 5%), angewandt von Sevila und Mitarbeiter [48], und die 0,5%ige PPD-Konzentration (statt 1%) in 3 weiteren Studien [3, 14, 18]. Roul und Kollegen haben eine Begrenzung des Europäischen Standards für Kinder auf 17 Allergene (Tab. 4) vorgeschlagen [42]. Zwölf dieser Haptene haben sich als häufige Sensibilisierungsursachen in der vorliegenden Meta-Analyse bestätigt. Über weitere Allergene könnte diskutiert werden, denn die Sensibilisierungsquoten von Paraben-Mix und Ethylendiamin lagen unter 1% (Tab. 3). Auf der von Roul vorgeschlagenen Liste fehlen dagegen Kathon CG (Sensibilisierungs-quote: 21,0%), Kobalt (13,5%), Neomycin (1,7%), Mercapto Mix, PPD und Holzteere (je 1,5%). Analog zu dem Vorgehen bei Erwachsenen muß bei jedem positiven Testergebnis seine klinische Relevanz erwogen werden [11, 42]. In verschiedenen Studien wurden zwischen 56,5% [48] und 94,4% [14] der positiven Epikutantestergebnisse bei Kindern als klinisch relevant ausgewertet. Interessanterweise fanden Goncalo und Mitarbeiter [14] bei Kindern bis zum 5. Lebensjahr einen höheren Anteil der relevanten Testergebnisse (94,4%) als bei älteren Kindern (68,3% bei 6- bis 10-jährigen und 77,5% bei 11- bis 14-jährigen).
Kaliumdichromat 0,5% |
Neomycinsulfat 20% |
Thiuram Mix 1% |
Formaldehyd 1% |
Kolophonium 20% |
Perubalsam 25% |
Lanolin 30% |
Paraben Mix 15% |
para-tert-Butylphenylformaldehydharz (PTBPF) 1% |
Duftstoff Mix 8% |
Nickelsulfat 5% |
Mercaptobenzothiazol 2% |
Thiomersal 0,1% |
Tixocortolpivalat 1% |
Budesonid 0,1% |
Fusidinsäure 2% |
Ethylendiamin 1% |
Vaselinum album (Kontrolle) |
Danksagung
Der Autor bedankt sich herzlich bei Herrn Prof. Dr. med. Hans F. Merk und Herrn Dr. med. Bernhardt Sachs (Aachen), sowie bei den "Allergologie"-Begutachtern für das kritische Durchlesen des Manuskriptes und wichtige Anmerkungen. Während der Vorbereitung dieser Arbeit war der Autor Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (Vertrag Nr. A/01/02156).
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Document created: 29 October 2004, last updated: 6 February 2010.